Ausflug nach Ravensburg und nach Wolfegg ins Bauern-hausmuseum vom 28.10. bis 29.10.2023

ein Bericht von Brigitte Holzinger
Der Ausflug der Frauengruppe führte uns 2023 ins Bauernhausmuseum nach Wolfegg und in die Stadt Ravensburg. Ravensburg ist ab Stuttgart mit der Bahn in zwei Stunden zu erreichen. Da die Anreise bereits einige Zeit in An-spruch nimmt und es zudem dort Interessantes zu entdecken gibt, haben wir dafür zwei Tage, mit einer Übernachtung, eingeplant. Unser Hotel war direkt am Bahnhof gelegen, wo wir gleich nach der Ankunft in Ravensburg unser Gepäck abstellen konnten, bevor es dann mit dem Linienbus weiter nach Wol-fegg ging.
Wer sich für den ländlichen Alltag der Menschen um 1900 interessiert oder wer gerne mal in deren Alltag eintauchen möchte, hatte an diesem Nachmit-tag Gelegenheit dazu. Die Veranstaltungen des Bauernhausmuseums lassen den ländlichen Alltag um 1900 in all seinen Unterschieden zu unserer heuti-gen Lebenswelt hautnah erfahren.
Nach unserer Ankunft im Bauernhausmuseum gingen wir bei einem 15 minü-tigen Spaziergang vorbei an Bauerngärten, Äckern, einer Kuhweide, Gänsen, freilaufenden Hühnern, bis zur Museumsgaststätte Fischerstuben, wo uns ein frisch gekochtes leckeres Mittagessen erwartete.
In dem im Jahr 1788 errichteten Fischerhof lebte der Hof-Fisch-Meister der den Fischbestand bewirtschaftet hat. Hier gibt es heute zwei Fischweiher. Die Fischzucht war für die Grafen von Waldburg-Wolfegg über Jahrhunderte hinweg eine einträgliche Einnahmequelle.
Nach dem Mittagessen teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Eine Gruppe nahm am Workshop „vom Flachs zum Leinen“ teil. Die andere Gruppe spazierte über das weitläufige Gelände.
Klaus Peters ist nicht nur Bezirksgruppenleiter von Ravensburg, sondern auch einer der Gästeführer. Der Museumsleitung ist es wichtig, dass Landwirtschaft im alten Stil inklusiv gezeigt werden kann. Die Museumsleitung nahm deshalb Kontakt zu Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen auf und bildete aus diesen Kreisen Betroffene zu Gästeführern aus.
Alle Bauernhäuser sind Zeugen der früheren Lebens- und Arbeitsumstände der Landbevölkerung. Originalgetreu eingerichtet veranschaulichen sie die Le-benswelten der früheren Bewohner/innen. Im Museum gibt es noch einen im Original erhaltenen Altbauernvertrag. Dort steht ganz genau, was der Altbauer darf und was er nicht darf. Ein Hof war auf Gedeih und Verderb auf eine gute Zusammenarbeit und Zusammenleben der Generationen angewiesen. Deshalb wurden die Rechte und Pflichten bis ins Detail festgelegt. Denn je weniger Streitpunkte es gab, umso besser war es.
Beim „Hof Beck“ wurde besonders auf Inklusion geachtet. Dort wird die Lebenswelt einer Bauernfamilie um 1900 lebendig. Themen wie Essen, Stall- und Feldarbeit, Schlafen, Hygiene und Kleidung zeigen den Alltag von da-mals.
Die Ausstellung wurde für Menschen mit unterschiedlichen Handicaps barrierearm angepasst. Sie bietet einen schwellenlosen Rundgang im gesamten Erdgeschoss. Alle Texte gibt es als Audio, in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache. Zahlreiche Stationen zum Anhören, Anfassen und Ausprobieren sprechen unterschiedliche Sinne an. Tastmodelle, dreidimensionale Schnitzfiguren, lassen die ehemaligen Bewohner/innen des Hofes „greifbar“ werden und so wird die Ausstellung auch zu einem haptischen Erlebnis.
Nach diesem Rundgang wurden die Gruppen gewechselt, so dass alle Teil-nehmenden das selbe Programm hatten.
Bei einem Workshop konnten wir im ehemaligen Landweberhaus erfahren, wie aufwändig der Anbau und die Verarbeitung von Flachs waren. Zuerst konnten wir eine Flachs-Pflanze, welche für den Museumsbetrieb angebaut wird, in die Hand nehmen. An originalgetreuen Geräten konnten wir die einzelnen Arbeitsschritte der Flachsverarbeitung selbst durchführen und erleben:
Die Flachspflanze wird zuerst gebrochen, d.h., die äußeren Fasern werden gebrochen, damit der innen liegende gelbliche Flachsfaden zum Vorschein kommt. Hierfür verwendete man ein Holzgestell, mit dem mit einer Hebelwirkung zwei Kämme ineinandergreifen. Die Halme werden zwischen die beiden Kämme gelegt, der Hebel wird runtergedrückt, so dass durch das ineinandergreifen der Kämme die Fasern gebrochen werden. Dann wird das Halmbündel immer weitergeschoben und der Hebel gedrückt, so dass die äußeren Fasern brechen und die hellen Flachs-Fäden zum Vorschein kommen.
Es gibt noch weitere Arbeitsschritte. U.a. werden die Halme gekämmt, und so die gelben Flachsfäden ganz freigelegt. Beim Spinnen wird nur die Faser verdreht. Zuerst mit der Handspindel, dann mit dem Spinnrad. An großen Web-stühlen wurden dann die gesponnenen Flachsfäden zu Leinen-Stoffen gewebt.
Um sich das Museumsgelände mit seinen unterschiedlichen Gebäuden auch mit dem Tastsinn zu erschließen, gibt es vor dem Museumseingang beim Windrad einen tastbaren Orientierungsplan. Bei den einzelnen Gebäuden er-hält man auf Knopfdruck kurze Audio-Informationen zum Museum und den einzelnen Gebäuden.
Nach einem abwechslungsreichen Tag kehrten wir in die Pizzeria Walfisch zu einem leckeren Abendessen ein und der Tag wurde für die Meisten in der ge-mütlichen Hotelbar mit einem leckeren Cocktail und interessanten Gesprächen abgerundet.
Im Hotel „Ginn“ in Ravensburg wurden wir sehr freundlich empfangen. Das Hotelpersonal hatte sich, wie uns berichtet wurde, schon im Vorfeld auf eine Gruppe mit blinden und sehbehinderten Menschen eingestellt.
Beim Frühstück beispielsweise wurden unserer Gruppe zusammenhängende Sitzplätze reserviert. Aber auch beim sehr reichhaltigen Buffett bekamen wir die notwendige Unterstützung. Auf diese Weise vortrefflich gestärkt begaben wir uns zum Rathaus, wo uns Sabine und Klaus Peters bereits für die weiteren Programmpunkte in Empfang nahmen:
Ravensburg wird auch die Stadt der Tore und Türme genannt.
Das Humpis-Quartier hat seinen Namen von der Familie Humpis, die Gründer und Eigentümer der großen Ravensburger Handelsgesellschaft war. Diese große Ravensburger Handelsgesellschaft war zu ihrer Zeit eine der bedeu-tendsten im Deutschen Reich und machte auch den Fuggern und Welsern Konkurrenz. Das gesamte Humpis Quartier, mit über 1400 qm, bildet heute das Museum -Humpis- Quartier. Dort teilte sich die Gruppe wieder auf. Ein Teil nahm an einer Museumsführung teil, während die anderen mittels einer Tastführung durch die Altstadt Ravensburg kennenlernte.

Gruppenbild vor dem Humpis Quartier 

Bildbeschreibung: die fröhliche Gruppe vor dem Humpis-Quartier,
Foto: privat
Klaus Peters erörterte die baulichen Gegebenheiten einiger Häuser mittels kleinen Tastmodellen. Blinden und sehbehinderten Besuchern steht aber auch ein Tastmodell zur Verfügung mit dem wir uns eingehend beschäftigt haben. Im Humpis-Quartier befand sich schon immer ein Gasthaus. Dort kehrten wir nach den Programmpunkten zu einem leckeren Mittagessen ein.
Bei den abwechslungsreichen Aktivitäten des Wochenendes und den gemein-samen Mahlzeiten lernte sich die Gruppe näher kennen. So hatten wir, obwohl unsere Rückfahrt mit dem Zug und Schienenersatzverkehr eine Stunde länger als geplant ausfiel, eine kurzweilige Rückfahrt.
Fazit: Das Bauernhausmuseum „Wolfegg“ sowie auch die Stadt Ravensburg bieten ideale Voraussetzungen zum Kennenlernen und das nicht nur für Menschen mit Seheinschränkung!