Besuch der Frauengruppe in der Stuttgarter Synagoge am 27.04.2022
Anstelle des gewohnten Infotreffs der Frauengruppe besuchten wir im April die Stuttgarter Synagoge.
Die Synagoge ist Teil des jüdischen Gemeindezentrums. Es beheimatet neben einer Grundschule auch einen Kindergarten und ein Restaurant, in dem Gemeindemitglieder koscheres Essen bekommen. Teil unserer Führung war auch eine Kostprobe aus dieser besonderen Zubereitungsform. Während des Essens erklärte uns Herr Palvari die Hintergründe koscherer Mahlzeiten. Herr Palvari beschrieb uns mit fröhlichem Charme geduldig alle Merkmale des Judentums. Er ist Historiker für das Judenwesen sowie Tanzlehrer für jüdischen Folkloretanz.
Der freie Tag in der Woche fällt im Judentum auf den Samstag und wird „Sabbat“ genannt. Er beginnt eigentlich bereits in der Nacht. Da am Sabbat nicht gearbeitet werden darf, müssen am Freitagabend alle Vorbereitungen getroffen werden. Durch kluges Planen ist es beispielsweise möglich, warme Speisen auch am Sabbat zu verzehren. Am Sabbat soll nämlich keine Energie verbraucht werden. Als Folge davon wird lediglich das Tageslicht genutzt. Auch das Radio, der Fernseher oder das Smartphone bleiben an diesem Tag stumm. Nur auf der Toilette darf Licht brennen.
Gestärkt durch ein koscheres Mittagessen, das durch seine spezielle Zubereitung einen für uns außergewöhnlichen, aber sehr leckeren Geschmack hatte, starteten wir die Führung durch die Synagoge.
Die Synagoge wurde nach dem zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut, da auch sie der Reichskristallnacht zum Opfer fiel. Eine Besonderheit des Neubaus ist der ca. 1,5 Meter große Davidstern aus farbenfrohem Glasmosaik. Er erzeugt im Innenraum ein schönes Licht.
Ein Highlight war für uns die Torarolle. Dies ist eine handgeschriebene Rolle aus Pergament die aus einer sehr dünn gegerbten Rinderhaut besteht und handschriftlich mit dem unpunktierten hebräischen Text der fünf Bücher Mose beschrieben ist. Aus einer Torarolle wird in jüdischen Gottesdiensten gelesen. Neben dem Sabbat können auch an anderen Tagen Gottesdienste stattfinden. Vorgeschrieben ist dabei die Anwesenheit von mindestens zehn im religiösen Sinne mündigen Juden.
Eine Hochzeit in einer Synagoge ist nur Paaren erlaubt, die beide jüdischen Glaubens sind. Die jüdische Hochzeit findet traditionell unter einem Stoffbaldachin, der sogenannten Chuppa, statt. Der Traubaldachin symbolisiert zum einen das Haus des neuen Ehemannes, zum anderen die Wirkstätte der Ehefrau.
Es gibt einen interessanten Hochzeitsbrauch. Der Bräutigam zertritt ein Glas mit seinem Fuß und alle rufen Masel Tow. Diese Tradition zur Hochzeit steht für die Zerstörung des Tempels in Jerusalem und drückt die Trauer darüber aus. Gleichzeitig soll dieser Brauch aber auch dafür stehen, dass es im Leben nicht immer nur freudig zugeht. Das ist ein Gegensatz zu dem Verständnis, dass Scherben Glück bringen.
Es gab noch viele weitere Infos zum Judentum und seinen Bräuchen. Wir gingen alle mit vielen neuen Eindrücken nach Hause.
Lissy Fesseler, Malmsheim 29.04.2022