Infotreff mit Frau Gerlinde Kretschmann

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
am Mittwoch, den 16.10.2019, hatte die Frauengruppe einen ganz besonderen Gast: Frau Gerlinde Kretschmann, die Landesmutter von Baden-Württemberg. Ziel dieser Veranstaltung war neben dem Wunsch etwas über Frau Kretschmanns Person zu erfahren, den Verband besser sichtbar zu ma-chen und Anregungen zur Verbesserung von Rahmenbedingungen für blinde und sehbehinderte Menschen zu schaffen.
Deshalb habe ich alle interessierten Mitglieder eingeladen, dabei zu sein. Und so war der Saal im Hotel Wartburg mit ca. 60 blinden und sehbehinderten Personen gut gefüllt.
Als Leiterin der Frauengruppe hatte ich das Vergnügen mit Frau Kretschmann vor dem offiziellen Start ein paar persönliche Worte zu wechseln bevor ich sie in den Saal geleitete. Dort wurden wir mit lautem Beifall empfangen. Das Herz schlug mir vor Nervosität ganz laut, als ich zunächst alle Ehrengäste willkommen hieß. Neben Frau Kretschmann waren Angelika Moser, die Vorsit-zende unseres Verbandes, Arne Jöns, der stellvertretende Vorsitzende sowie Simone Fischer, die Behindertenbeauftragte der Stadt Stuttgart, anwesend. Stolz erfüllte mich aber auch bei dem Gedanken, dass einige der Teilnehmer eine weite Anreise auf sich genommen haben, um dabei zu sein. Aber auch Frau Kretschmann war mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist - ganz ohne Bodyguards. Eine Tatsache, die uns alle in Erstaunen versetzte.
Nachdem ich die Frauengruppe vorgestellt hatte skizzierte Angelika Moser in kurzen Worten den Verband und seine gesellschaftlichen Aufgaben.
Frau Kretschmann begann sehr unterhaltsam über ihre Aufgaben als Frau des Ministerpräsidenten zu erzählen:
Es sei damals ein Glücksfall gewesen, als ihr Mann Ministerpräsident geworden sei. Denn sie erreichte in diesem Jahr ihr Rentenalter. Auf keinen Fall wollte sie lediglich ein Anhängsel ihres Mannes sein und so bot sie dem Staatsministerium ihre ehrenamtlichen Dienste an. Bevor jedoch ein passendes Aufgabengebiet gefunden wurde verging einige Zeit. Eine solche Vorge-hensweise passte nicht ins Schema.
Beispielsweise übernahm sie eine Patenschaft für das letzte Tunnelstück auf der Neubaustrecke von Stuttgart nach Ulm. Als Patin besuchte sie die Bau-stelle regelmäßig. Sie inspizierte nicht nur den Fortschritt des Bauabschnittes, sondern brachte den Bauarbeitern auch Osterhäsle oder Weihnachtsmänner zu gegebenem Anlass vorbei und sprach mit den Männern. Während der Bau-phase trug der Tunnel den Namen „Gerlinde“. Kurz nach der Fertigstellung wurde der Tunnel in seinen offiziellen Namen umgetauft, was sie hörbar er-schütterte.
Als weiteren Höhepunkt schilderte sie die Taufe der Fregatte „Baden-Württemberg“. Zunächst ging es ihr gegen den Strich, Patin eines Kriegs-schiffes zu sein. Die damalige Verteidigungsministerin, Frau Ursula von der Leyen, konnte sie jedoch dafür gewinnen, da das Schiff ausschließlich zu Friedenszwecken eingesetzt werden darf. Amüsant fand sie, dass Frau von der Leyen bezahlte, wobei dies doch sonst allgemein den Paten vorbehalten sei. Bei der Taufe besichtigte sie das Schiff und war verwundert, in welch kleinen Kabinen selbst die Offiziere untergebracht waren. Sie wurde von der Crew zu einer Fahrt eingeladen, die sie bislang noch nicht angetreten hat.
Nach Rückfrage erzählte Frau Kretschmann auch über Auslandsreisen im Auf-trag der Landesregierung. Schwerpunkte waren eine Indienreise und eine Fahrt nach Südamerika. Bei solchen repräsentativen Reisen ist ihr Schwer-punkt das Gesundheits- und Bildungswesen. So besuchte sie in Indien ein Krankenhaus, wo sie einen Scheck und ein Geschenk übergeben durfte. Als ehemalige Lehrerin zeigt sie natürlich Interesse an der Bildung, auch im Aus-land. Das Publikum brachte Frau Kretschmann etwas ins Stocken, da sie wis-sen wollten, wie sie sich ihre Landesmutter vorstellen sollen. Sie ging nämlich davon aus, dass nun kundige Finger über ihr Gesicht huschen. Da musste ich jedoch einschreiten und erklärte, eine solche Vorgehensweise bestünde hauptsächlich im Meinungsbild Sehender. Trotzdem hatten am Ende alle Anwesenden ein Bild von Frau Kretschmann vor Augen - sie beschrieb sich auf die ihr eigene, humorvolle Weise. Ihr war es jedoch sehr wichtig, auch etwas über unseren Personenkreis zu erfahren. Wir hatten uns sorgfältig darauf vorbereitet. Die unterschiedlichen Referenten, alle gleichfalls betroffen, haben einen hypothetischen „Lebenslauf“ vorgetragen. Alle beriefen sich auf eigene Erfahrungen aus dem persönlichen Alltag:
Anne Malz erläuterte Kindheit, Schule, Ausbildung/Studium und wies haupt-sächlich darauf hin, wie wichtig die Früherkennung einer Sehbehinderung ist. Bianka Haacker berichtete, wie unentbehrlich das Landesblindengeld für Be-troffene ist um gleichberechtigt am kulturellen Leben teilzuhaben.
Andrea Berghammer wünschte sich eine stärkere Sensibilisierung von Arbeit-gebern mit dem Ziel fachlich geeignete Menschen mit Handicap einzustellen.
Gertrud Lorentz erzählte sehr lebendig, anhand von Beispielen, weshalb Medizintechnik und medizinische Serviceprodukte barrierefrei und nutzbar für alle sein sollten.
Winfried Specht ging mit uns gedanklich seinen Weg zur Arbeit. Dabei wies er an den markanten Stellen entweder auf eine sinnvolle, vorhandene Barrierefreiheit oder das Fehlen derselben hin.
Im Anschluss dieses aufschlussreichen Vortrages kam dann Arne Jöns zu Wort. Er beschrieb die Beratungsangebote, die der Verband anbietet: Blick-punkt Auge, Sehen im Alter und EUTB.
Frau Gerlinde Kretschmann zeigte sich sehr beeindruckt und interessiert. Ein wichtiger Aspekt für sie war und ist, auch als Frau des Ministerpräsidenten, niemals die Bodenhaftung zu verlieren. Dass ihr dies gelungen ist, diesen Eindruck hinterließ sie zweifelsfrei. Zur Erinnerung an uns überreichte ich Frau Kretschmann am Schluss ein kleines Geschenk und eine Infomappe. Dies wurde mit Standing Ovations des Publikums belohnt.

Infotreff mit Frau Kretschmann
Bildbeschreibung: von links nach rechts: Frau Moser, Frau Kretschmann und Frau Sigl; Foto: privat

Wenn Sie an diesem Infotreff nicht dabei sein konnten, so haben Sie wirklich etwas versäumt. Die Stimmung, die Frau Kretschmann hinterließ, war einma-lig und lässt sich nicht so einfach in Worte fassen. Leider hat die Presse es an diesem Tag nicht als wichtig empfunden einen Artikel darüber zu schreiben. Ein Umstand, den auch Frau Kretschmann bedauert hat. „Hier geht es nicht um meine Person, sondern darum, den BSV Württemberg als Verband in der Öffentlichkeit darzustellen“ stellte sie treffend fest.
Mein Dank geht an alle Ehrengäste, die dieses Ereignis mit ihrer Anwesenheit und Beiträgen zu etwas Besonderem gemacht haben. Sehr herzlich möchte ich mich bei allen Referenten sowie meinen unersetzlichen Augensternen für die hervorragende Mitarbeit bedanken! Bedanken möchte ich mich aber auch beim Publikum. Ganz einfach für’s Dabeisein, das Interesse und die gute Stimmung. Mein Dank geht außerdem an alle Mitarbeiterinnen des Hotel Wartburg für die hervorragende Unterstützung bei allen Belangen an diesem Tag!
Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit Ihnen und Euch!
Regine Sigl, Leiterin der FG Frauen beim BSV Württemberg e.V.