vom Freitag 27. bis Sonntag 29.09.2024
ein Bericht von Eleonore Mergenthaler
2024 hatte die Frauengruppe ein sehr interessantes Ziel als Wochenendausflug angeboten, den Campus Galli in Meßkirch. Die Anfahrt war mit der Bahn in ca. drei Stunden geplant. Da in Meßkirch nicht die erforderlichen Hotelzimmer zur Verfügung standen, war man auf Pfullendorf ausgewichen und hatte zwei Übernachtungen gewählt. Unser Hotel lag direkt in der Nähe des Busbahnhofes.
Eine Gruppe von uns traf sich um 12 Uhr am I-Punkt bei Gleis 1, um dann rasch statt auf Gleis 4 auf Gleis 12 zu eilen. Dort konnten wir im ersten Wa-gen ohne Umsteigen nach Sigmaringen und weiter mit dem Bus nach Pfullendorf fahren. Verstärkt wurden die Stuttgarter noch von direkt angereisten Teilnehmerinnen aus dem Raum Leonberg, Ravensburg und Pfullendorf, sodass wir insgesamt 17 Teilnehmerinnen waren. Das RIKU-Hotel war ausgezeichnet und wir gingen an beiden Abenden zur nahegelegenen Brauereigast-stätte Barfüßer, wo herzhafte Gerichte angeboten wurden.
Am Samstagmorgen fuhren wir nach einem guten Frühstück mit Privatwagen und einem Großraumtaxi nach Meßkirch zum Campus Galli. Die Grundidee zu diesem experimentellen Archäologie-Projekt „Eine Reise ins Mittelalter“ stammt tatsächlich von einem Privatmann, der total begeistert vom Besuch einer mittelalterlichen Burg in Guedelon/Frankreich, einem ähnlichen, wenn auch größeren und bereits fortgeschritteneren Projekt zurückkam. Bis er Meßkirch und die notwendigen Geldgeber zu diesem außergewöhnlichen Projekt auf 25 Hektar überzeugen konnte, knüpfte sogar unser ehemaliger Minister-präsident Teufel einige Fäden.
Wir wurden von unserer Führerin Barbara Löchel am Eingang abgeholt und zur Museumspädagogik geführt, wo sie uns den Klosterplan erläuterte. Zurzeit arbeiten 60 Personen dort, 25 davon festangestellt. Seit zehn Jahren wird kontinuierlich an der Umsetzung des 1200 Jahre alten Planes mit den Mitteln des frühen Mittelalters gearbeitet. Vieles muss ausprobiert und erlernt werden, da oft die Materialien nicht einfach so zur Verfügung stehen, sondern oft selbst erst hergestellt werden müssen. Alle Mitarbeiter sind von Kopf bis Fuß „originalgetreu“ eingekleidet. Statt Plastikflaschen haben alle z. B. einen ei-genen Tonkrug und Handys gibt es auch nicht. Man setzt alles daran, zu repa-rieren statt zu ersetzen.
Während des Sommers wird an der weiteren Umsetzung des Klosterplans gearbeitet, während die Wintermonate zur Pflege des Geländes genutzt werden. Das Projekt wird sicherlich noch Jahrzehnte weiter ausgebaut werden.
Von hier aus begann Barbara den Rundgang zu den einzelnen Handwerkern, Gebäuden und Gärten. Man muss betonen, dass das Anfassen der Materialien und Ausprobieren nahezu an jedem Stand angeboten wurde. Das machte die Sache richtig spannend. Leider ist es mir aufgrund der vielen verschiedenen Stationen nicht möglich, alle Handwerker zu beschreiben.
Zuerst ging es zum Steinmetz Jens, der uns die einzelnen Schritte seiner Arbeit mit lokalen Sand- und Kalksteinen zeigte.
Bei der Spinnerei/Weberei verweilten wir ziemlich lange und probierten einige Arbeitsgänge aus. Gisse erklärte uns auch, wie die Kleidungsstücke der damaligen Zeit hergestellt wurden. Alle Handwerker und Handwerkerinnen tragen diese dort entstandene Kleidung.
Beim Abbundplatz wurden Baumstämme in vielen Schritten zu Balken gearbeitet, Zimmerer Malte und Schreiner zeigten dort ihre diversen Werkzeuge, mit denen sie perfekte Balken machten.
Drechsler Hans hatte ein sehr interessantes Arbeitsgerät, eine Wippbogen-Drechselbank, an der er verschiedene Werkzeuge, Stuhlbeine, Schüsseln und sogar die Teile für Holzeimer aus frischem Holz herstellte. Auch er lud zum Ausprobieren ein.
Kurz vor der Mittagszeit erreichten wir die Holzkirche mit Turm, Kreuzgang und ihrem steilen Schindeldach. Dort hielten wir kurz inne und ließen die be-sondere Atmosphäre auf uns wirken. Barbara erzählte uns, dass die Glocke nur zur Mittagszeit geläutet werde, man sonst aber die Tabula, einen Holzbalken, schlage, der lauter zu hören sei. Die Schindeln sollen wohl 80 bis 100 Jahre halten.
Dann ging es an Gemüse-, Küchen- und Heilkräutergärten vorbei Richtung Marktplatz, wo wir uns an verschiedenen habhaften Gerichten labten. Dort gab es auch Marktstände, wo man sehr interessante Mitbringsel und Kleinigkeiten kaufen konnte, z. B. ein Mühlespiel in einem Ledersäckchen, wobei letzteres selbst ausgebreitet gleichzeitig als Spielfläche dient.
Schmied Max zeigte sehr anschaulich, wie er ein Werkzeug mit allen Vorarbeiten und Arbeitsgängen herstellte. Er erklärte uns, worauf es ankam, was man falsch machen könne und warum die Schmiede tiefer gelegt war. Dort können auch Schleif-, Polier- und Feilarbeiten ausgeführt werden.
Bei der Töpferin Silke durften wir alle an einem großen Holztisch Platz nehmen. Sie zeigte uns mehrere getöpferte Gefäße, erklärte im Detail diverse Techniken und sowohl Vor- und Nachteile, als auch, wann welche sich entwickelten. Dazu die ersten Möglichkeiten, fortlaufend Muster anzubringen und auch, worauf man beim Ton gewinnen selbst achten muss.
Danach besuchten wir die Korbmacherin Petra. Sie zeigte uns die verschiedenen Flechttechniken und wofür die Gefäße genutzt wurden.
Wir sahen auch noch Bienenbehausungen und den Platz, wo der Lehm herkam. Das bisher größte Gebäude ist die wirklich große Scheune, deren Dach mit Roggenstroh gedeckt ist.

Mekirch zum Campus Galli
Bildbeschreibung: Die Gruppe vor der großen Scheune; Foto: privat

Voll von Eindrücken dieser verschiedenen Handwerksstationen, alle im Zustand wie vor 1200 Jahren, begaben wir uns dann zurück zum Eingang. Dort gab es im Gegensatz zu den mittelalterlichen Läden am Marktplatz ein mo-dernes Besucherzentrum, bevor wir uns – ich ziemlich müde - auf den Rück-weg nach Pfullendorf machten.
Am Abend machten wir uns auf den kurzen Weg zur Brauereigaststätte Barfüßer, wo wir wieder diverse Biere zu herzhaften Mahlzeiten probierten und den Tag ausklingen ließen.
Nach dem Frühstück fuhren wir wieder mit Bus und Bahn in Richtung Heimat zurück. Es war wieder ein gelungener Wochenendausflug der Frauengruppe. Herzlichen Dank für die super Organisation und an die ganze Gruppe für die harmonischen Tage. Campus Galli war wirklich nicht nur einen Besuch wert. Frau Löchel grüßt uns und meint, sie bräuchten dringend weitere Besucher, um die 100.000 nach Corona doch noch zu erreichen.