Käthe Kruse, nicht nur eine Puppenmacherin
Bericht zum Infotreff der Frauengruppe, von Renate Walther
Es ist Mittwoch, der 15. Mai, 13 Uhr. Nach und nach treffen die Mitglieder der Frauengruppe des BSV-Württemberg zum Infotreff im Hotel Wartburg ein. Die Leiterin der Gruppe, Regine Sigl, begrüßt alle herzlich und informiert über Neuigkeiten.
Bei Kuchen, Brezeln und Kaffee lauschen die Teilnehmerinnen gespannt der Referentin Renate Walther aus Walheim. Käthe Kruse war das Thema an diesem Nachmittag. Sie lernen in Käthe Kruse eine Frau kennen, die jenseits aller Konventionen ihr Leben gestaltet hat. Sie wurde als uneheliche Tochter einer Näherin in der Nähe von Breslau 1883 geboren. Zum Vater, der stirbt als sie vierzehn Jahre alt ist, hat sie kein gutes Verhältnis.
Ihre Tante Paula fördert sie, nimmt sie mit zu Theaterveranstaltungen. Ein Deutschlehrer erkennt ihr Potential in Sachen Literatur und Theater. Als sie, jetzt noch Katharina Simon, die Schule abgeschlossen hat, geht sie schnurstracks zum Theater, spricht vor und wird angenommen. Mit 17 Jahren ist sie eine gefragte Schauspielerin und nennt sich Hedda Somin.
Sie lernt Max Kruse, einen gefeierten Bildhauer und Bühnenbildner kennen. Er ist fast dreißig Jahre älter als sie. Sie wird seine Geliebte, bekommt ein Kind, die Maria, die sie Mimmerle nennt. Als ein zweites Kind unterwegs ist, schiebt er sie nach Italien ab. Von dort geht sie in die Schweiz zur Künstlerkolonie auf dem Monte Verità. Mimmerle möchte eine Puppe. Der Vater schreibt: „Macht euch selber welche, die in Berlin sind alle scheißlich.“ So beginnt die Puppen-Ära.
Erst als das dritte Kind da ist, das allerdings bald stirbt, wird geheiratet. Sie bekommt noch fünf weitere Kinder. Jedes Kind inspiriert sie zu einer neuen Puppe. Um den Puppenbestellungen gerecht zu werden, produziert sie in Bad Kösen handgefertigte Puppen, von denen jede ein Unikat ist. Die Kinder werden in den Betrieb eingebunden. Käthe Kruse ist Mutter, Geschäftsfrau, Ehefrau, Werbefachfrau, Botschafterin in Sachen Puppen und Chefin eines wachsenden Betriebes. Kriege, Währungsreform und eine Klage ihres Mannes bringen sie an ihre Grenzen, doch sie schafft es immer wieder auf die Beine zu kommen. Sie klagt gegen einen großen Spielwarenhersteller und gewinnt den Prozess um das Patentrecht.
Im Krieg sterben zwei ihrer Söhne. Ihr Mann, den sie immer „Herzlieb“ nannte, stirbt 1942. Nach dem Krieg ist Bad Kösen in der russischen Besatzungszone. In der dann entstehenden DDR hat ihre Firma keine Eigenständigkeit mehr. Sie ist Anfeindungen ausgesetzt. 1952 werden in Bad Pyrmont und Donauwörth Niederlassungen gegründet, die von ihren Kindern geleitet werden. Käthe Kruse stirbt am 16.Juli 1968 in Murnau.
Das Werk in Donauwörth produziert heute noch Puppen in Handfertigung. Dort befindet sich auch ein Puppenmuseum.
Renate Walther hatte zwei Käthe-Kruse-Puppen mitgebracht, die jede Teilnehmerin ausgiebig in Händen halten durfte. Da wurden bei so Mancher Kindheitserinnerungen wach!
Regine Sigl bedankte sich bei Frau Walther für den interessanten Bericht. Der Wunsch nach den Biographien anderer weiblicher Persönlichkeiten wurde laut. Die Frauengruppe wird Frau Walther sicher zu anderen Gelegenheiten einladen, da sie über ein umfangreiches Repertoire verfügt. Regine Sigl gab auch einen Ausblick auf das kommende Jahr, in dem die Frauengruppe ihr 60-jähriges Bestehen feiern wird.