Mobilität und Barrierefreiheit im Alltag eines Sehbehinderten/Erblindeten

Für die meisten Menschen in unserer Zeit bedeutet Mobilität lediglich möglichst schnell von einem Punkt zum anderen zu kommen und das ganze möglichst schnell, um so wenig Zeit wie irgend möglich zu verlieren. Für einen Menschen, der akut von Sehverlust oder Erblindung bedroht ist, sieht die ganze Sache völlig anders aus. Für den Betroffenen bricht buchstäblich erstmal die Welt zusammen. Er bekommt existenzielle Ängste und fragt sich, wie er das ganze bewältigen soll.
Die eigenen vier Wände stellen zuerst eine große Herausforderung dar und an den Alltag wagt er zunächst gar nicht zu denken. Geschweige denn seinen Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen zu finden und zu bewältigen. Hier kann die Not sogar so groß sein, dass man psychisch erkrankt. Es ist einem alles zu viel. Viele Dinge sind zu organisieren und schnelle Hilfe und Unterstützung ist hier dringend gefragt und benötigt. Die Unterstützung durch die Familie und soziale Einrichtungen sind hier angesagt. Die Familie geht in den meisten Fällen klar, aber welche sozialen Einrichtungen gibt es eigentlich für meinen Fall?
Hier kann man, Gott sei Dank, auf die Unterstützung von Einrichtungen wie den Blinden- und Sehbehindertenverband Württemberg e.V. (BSVW) zählen. Der BSVW sei an dieser Stelle besonders erwähnt. Er bietet mit seinen Einrichtungen (Blickpunkt Auge, EUTB) und den Bezirksgruppen kompetente Unterstützung von Betroffenen durch Betroffene. Zusammen mit den Betroffenen wird besprochen, welche Unterstützung und Hilfsmittel benötigt werden. In den Bezirksgruppen steht die menschliche Unterstützung und der Austausch von Betroffenen im Vordergrund.
Als Betroffener weiß ich, wie wichtig gerade auch der zuletzt angesprochene Punkt der Bezirksgruppen ist.
Ein erster, ganz wichtiger Punkt ist…wie bewältige ich meinen Alltag als akut Betroffener?
Als ebenso wichtigen Punkt sehe ich das Mobilitätstraining an. Durch dieses und das Erlernen der alltagspraktischen Fähigkeiten, erlange ich nämlich Schritt für Schritt meine Mobilität und Unabhängigkeit zurück. Das Gefühl kann gar nicht beschrieben werden, dass man hat, wenn diese Punkte angegangen werden. Dadurch wertet man sein Leben wieder auf, kommt wieder raus und bekommt wieder den sozialen Anschluss.

Warum Ich Ihnen das alles erzähle?
Weil ich das alles ganz genau so erlebt habe. Damals war ich nach über 20 Berufsjahren in dem Stadium. Ich war erblindet durch Glaukom (Grüner Star) und es hat mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich war am Boden zerstört und ich fragte mich: Warum? Warum Ich?
Suchte in allen Richtungen nach den Ursachen, den „Schuldigen“. Ich war damals sehr froh, dass ich durch eine Sozialeinrichtung nach Würzburg kam, um alltagspraktische Fähigkeiten zu erlernen und, dass ich Mobilitätstraining bekam, um wieder selbstständiger zu werden. Durch dies und den Rückhalt meiner Frau kam ich langsam wieder zurück ins Leben.
Heute bin ich sehr froh, dass ich in der Bezirksgruppe Ludwigsburg des BSVW bin und dort die Stelle des stellvertretenden Leiters dieser Bezirksgruppe ausübe/innehabe. Die Gruppe ist ein starker Halt für mich. Bei jedem Treffen gibt es nette und lebhafte Gespräche über Themen, die uns alle bewegen. Soziales, Barrierefreiheit, das Leid des Einzelnen, Witziges und Trauriges kommen zum Gespräch. Eben ganz so, wie das Leben in all seinen Facetten ist. Ich kann Ihnen nur nahelegen und wünschen, dass Sie den Weg zu uns finden und unser Angebot annehmen, Ihnen zu helfen.
Die Bezirksgruppe trifft sich jeden zweiten Donnerstag im Monat in der Weinstube Klingel in Ludwigsburg (in der Eberhardstraße).
Ganz besonders möchte ich Ihnen Blickpunkt Auge weiterempfehlen. Ein Beratungsangebot, dass sich auch und gerade an Menschen richtet, die akut betroffen sind oder eine Diagnose eines Augenarztes bekommen haben, die einer Beratung bedarf.
Auch die vielfältigen Angebote des BSV Württemberg e.V. mit Sitz in Stuttgart (Lange Straße 3) werden Sie interessieren und Ihnen weiterhelfen.
Es grüßt Sie herzlichst Ralf Müller…auf bald bei einem unserer Angebote für Menschen mit Sehproblemen von Menschen mit Sehproblemen.